meine Zeit
Unsere Lebenszeit verläuft linear.
Ein Ereignis nach dem anderen, ein Augenblick nach dem anderen.
Wie ein Schritt nach dem anderen, erster, zweiter, dritter und immer so weiter.
Ich muss dabei immer eine Wahl treffen und treffe immer meine Wahl. Selbstbestimmt oder fremdbestimmt, bewusst oder unbewusst.
Dabei ist es unerheblich, ob ich den nächsten Schritt in die gleiche Richtung gehe oder mich um drehe und zurück gehe. Ob ich noch sitzen bleibe, mich unterhalte, ein Buch lese, ob ich mit dem Auto weg fahre oder staubsauge.
Ich gehe weiter in meiner Zeit.
Ob mit oder ohne Entscheidung.
Für jeden einzelnen Augenblick habe ich nur einmal im Leben diese Wahl.
Und dieser Moment, für den ich mich entschieden habe, nimmt immer einen Platz ein, den der andere Moment auch hätte einnehmen können.
Aber ich habe mich entschieden. Immer im Rahmen von Gesetzmäßigkeiten, die ich nicht verändern kann,
die aber meine Entscheidung beeinflussen. Schwerkraft, Regeln, die wir Menschen uns geben, Erfahrungen, schränken meine Entscheidungsfreiheit ein, ohne mich jedoch unfrei zu machen.
Meine Entscheidung ist durch Zeitablauf nicht mehr veränderbar.
Habe ich mich für etwas entschieden und handle entsprechend, ist ein Teil meiner Zeit, der Zeit, die mir von der Geburt bis zum Tod zur Verfügung steht, unwiederbringlich verbraucht.
Immer investierte Zeit von meinem Lebenszeit Konto.
Die Wahl, die ich treffe, muss nicht immer richtig sein. Es kann auch immer bessere Entscheidungen für diesen Augenblick geben.
Ich muss aber meine ggf. fehlerhafte Wahl akzeptieren. „Was wäre passiert, wenn . . .“ Diese Frage ist müßig. Sie ist theoretisch, denn die Entscheidung, in der Vergangenheit getroffen, lässt sich nicht rückgängig machen. Und deshalb ist es für mich vergeudete Lebenszeit, darüber nachzugrübeln, ob ich mich nicht doch besser anders hätte entscheiden sollen.
Zu überlegen, wie ich mich vielleicht in einer ähnlichen Situation zukünftig entscheiden sollte, ist wiederum sinnvoll investierte Zeit, bietet sich doch die Chance, dass ich aus meinem Irrtum
lernen, d.h. die Zukunft in meinem Sinn besser gestalte kann.
Sinn in meinem Leben, Sinn meines Lebens, Sinn den ich ihm gebe.
Ich setzte die Kriterien, definiere Werte, ich wähle.
Wenn ich den Wert an einem Ziel orientiere, das utopisch ist, das ich nicht erreichen kann - dass mein Leben für mich nur erfüllt wäre, wenn ich den Mond betreten hätte, was für mich natürlich unmöglich, ich aber trotzdem gerne machen würde - , hätte ich ein Leben geführt, das ich an seinem Ende als gescheitert betrachten müsste, Zeit verschwendet.
Und trotzdem darf ich mir mutige Ziele stecken.
Alpenüberquerung zu Fuß, um mehr Gerechtigkeit streiten, gegenseitige Achtung – diesen Zielen schenke ich gerne Teile meines Zeitkontingentes.
Wenn Margit und ich unsere Wanderung über die Alpen erfolgreich geschafft oder wieder einmal eine größere Wanderung gemeinsam erlebt, wenn die Welt, und sei mein Umfeld noch so klein, wenn ich sie dann irgendwann verlasse, etwas gerechter wäre, als die, die ich vorgefunden habe - ich hätte meine Zeit in meinem Sinne gut investiert. Auch dann, wenn ich meine Ziel nicht erreicht, das Thema für mich aber wichtig war.
In Anbracht begrenzter Zeit hat die Entscheidung zu heiraten, also mit einem anderen Menschen gemeinsam Zeit zu verbrauchen, einen ganz besonderen Wert. Wir schalten Zeitverbrauch und Inhalte parallel.
Unsterblichkeit würde den Wert dieser Entscheidung relativieren.
Die Endlichkeit unserer gemeinsamen Zeit kann belasten, da wir uns ihrer Begrenztheit bewusst sind.
Diese Begrenztheit macht jeden Augenblick aber auch kostbarer.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit ich noch habe.
Deshalb sind die Momente in der Zukunft nicht automatisch wertvoller.
Die im jetzt sind genauso wertvoll.
Und was mir wichtig ist, mache ich jetzt, nicht irgendwann -
denn es ist meine Zeit!